
Gebrauchtwagen und Service legen kräftig zu – Neuzulassungen mit unerwartetem Plus – E-Mobilität war das Sorgenkind – Gute Ausbildungsbilanz - Perspektive mit Fragezeichen – E-Mobilität wartet auf Kaufanreize
Bremen. Mit fast 65.000 Pkw-Käufen und einem Gesamtumsatz von 2,1 (Vorjahr: 2,0) Milliarden Euro hat sich der Automarkt an der Weser „in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld des Jahres 2024“ besser als befürchtet geschlagen. Dank eines dynamischen Gebrauchtwagenmarktes, einer unerwarteten starken Nachfrage nach neuen Pkw und einer hohen Service-Nachfrage habe es höhere Umsätze gegeben. Erfreulich seien die Daten der neuen Ausbildungsbilanz. Karl-Heinz Bley, Präsident des Kfz-Landesverbandes Niedersachsen-Bremen und Hans Jörg Koßmann, Obermeister der Innung des Kraftfahrzeugtechniker-Handwerks Bremen erklärten vor Journalisten in Bremen mit Blick auf die E-Mobilität, die „automobile Welt an der Weser benötigt Hilfen und Förderungen“. Von einem Hochlauf der E-Technologie sei der Automarkt bei den Neuzulassungen entfernt gewesen“. Der Jahresstart 2025 sei mit gemischten Ergebnissen erfolgt.
Der Gesamtumsatz im Automarkt gliedere sich in 811,1 (Vorjahr: 792,1) Millionen Euro für den Neuwagenkauf, 866,6 (Vorjahr: 818) Millionen für den Kauf gebrauchter Pkw, 280,3 (Vorjahr: 261,5) Millionen Euro für den Service und 116,9 (Vorjahr: 103,4) Millionen Euro für neue und gebrauchte Nutzfahrzeuge. Auffällig in der Jahresbilanz sei der um 20 Prozent gestiegene Gebrauchtwagenumsatz im Markenhandel auf 509 (Vorjahr: 424,6) Millionen Euro. Grund sei der um fünf Prozentpunkte auf 42 (Vorjahr: 37) Prozent gestiegene Marktanteil bei minimal niedrigerem Preis von 26.140 (Vorjahr: 26.170) Euro.
Von den 64.951 (Vorjahr: 61.511) Autokäufen seien 18.531 (Vorjahr: 17.661) Neu- und 46.420 (Vorjahr: 43.850) Gebrauchtwagen. Dies seien Steigerungen von 4,9 Prozent bei neuen und 5,9 Prozent bei den Besitzumschreibungen. Bley sagte, der Automobilfachhandel habe seine Position vor allem im Gebrauchtwagenmarkt mit einem Marktanteil von 76 (Vorjahr: 71) Prozent ausbauen können. Verlierer 2024 sei der Privatmarkt, der fünf Prozentpunkte auf noch 24 Prozent eingebüßt habe. Dies entspreche 4.447 (Vorjahr: 5.122) Halterwechseln.
Das „Sorgenkind Nummer 1“ des bremischen Automarktes sei die Elektromobilität, hier im Besonderen die vollelektrischen Pkw (BEV). Stromer hätten bei den Neuzulassungen 18,8 Prozent verloren, Plug-in-Hybride (PHEV) 12,0 Prozent hingegen zugelegt. Das abrupte Ende der staatlichen Förderung im Dezember 2023 sei wesentlich an der Talfahrt beteiligt. Erfreulich sei das gestiegene Kaufinteresse für Plug-in-Hybride im Vorjahr gewesen, denn diese gemischte Antriebsform mit einem Verbrenner-Motor und einer Batterie „sei das Einstiegstor zur Elektromobilität“.
„Null-Nummer
für Erdgas-Pkw
„Eine Null-Nummer“ habe es erstmals in einer Jahresbilanz für die Erdgas-Pkw gegeben, während der Autogas-Antrieb noch 74 (Vorjahr: 76) Neuzulassungen erreicht habe. Bei den Gebrauchtwagen sei das Interesse am Gas-Antrieb deutlich größer als bei Neuwagen gewesen, wenn auch mit sinkender Nachfrage mit 313 (Vorjahr: 344) Autogas- und 75 (Vorjahr: 84) Erdgas-Gebrauchte. Hybride ohne Stecker seien mit 5.551 (Vorjahr: 5.209) Neuzulassungen und 2.859 (Vorjahr: 1.529) Umschreibungen eine „wachsende Größe im Automarkt“.
Nahezu stabile Preise beim Kauf von neuen und gebrauchten Pkw weise der aktuelle DAT-Report aus. 43.770 Euro für einen neuen Pkw seien ein Rückgang von 2,4 Prozent, 18.780 Euro Durchschnittspreis für einen Gebrauchten ein kleines Plus von 0,6 Prozent. Der durchschnittliche Preis eines Stromers ist den Angaben von Bley zufolge auf 56.670 Euro gestiegen, ein Plus von 7,5 Prozent. Während sich die Reichweite von E-Modellen und die Anzahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkten „relativ gut“ entwickelten, kranke der Markthochlauf an „wettbewerbsfähigen Preisen im Vergleich zu Verbrennern“. Dies zeige der Unterschied von rund 13.000 Euro beim Durchschnittspreis. Dasselbe Bild gebe es bei gebrauchten E-Pkw, deren durchschnittlicher Preis bei 30.400 Euro gelegen habe.
Service-Markt
mit Steigerung
Der bremische Service-Markt sei um 7,2 Prozent auf 280,3 (Vorjahr: 261,5) Millionen Euro gewachsen. Die Quote der durchschnittlichen Werkstattauslastung habe 87 Prozent erreicht. Gründe für das Plus im Service-Markt seien weiterhin das auf fast elf Jahre gestiegene Pkw-Durchschnittsalter, der insgesamt zunehmende Fahrzeugbestand und höhere Jahresfahrleistungen.
Zum Service sagte Koßmann, deutliche Preissteigerungen bei Ersatzteilen und spürbar höhere Gehälter hätten die Preisspirale auch im Vorjahr nach oben gedreht. Es sei das dritte Jahr in Folge mit deutlichen Preissteigerungen. Die Kosten für Wartung und Reparatur seien im Durchschnitt auf rund 573 (Vorjahr: 535) Euro gestiegen. Auch die Investitionen für die E-Mobilität, die Digitalisierung und die IT-Security hätten die Preisschraube nach oben gedreht, ebenso die deutlich gestiegenen Ersatzteilpreise und höhere Löhne und Gehälter.
Auf der Habenseite der Jahresbilanz, sagte Koßmann „mit einer Portion Stolz“, stehe die Ausbildungsbilanz. Mit einer Steigerung von 5,3 Prozent auf 300 (Vorjahr: 285) neuen Ausbildungsverträgen für die fünf Kfz-Berufe habe die Branche „einen weiteren richtigen Schritt für die Fachkräftesicherung“ getan. Für den „gewerblichen Ausbildungs-Beruf Nummer 1“, den Kfz-Mechatroniker hätten sich 231 (Vorjahr: 225) junge Menschen entschieden. Dies sei eine Zunahme um 2,7 Prozent. Mit plus 7,1 Prozent und 45 (Vorjahr: 42) neuen Verträgen stehe der/die Automobilkaufmann/-frau in der Statistik.
Ferner gebe es 15 (Vorjahr: 6) neue Ausbildungsverträge für den Beruf Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker. Der Zweiradmechatroniker der Fachrichtung Motorrad weise keine neuen Verträge aus. Für die Fachrichtung Fahrradtechnik gebe es 9 (Vorjahr: 12) neue Ausbildungsverträge.
Forderungen
vom Kfz-Gewerbe
In dem an die neue Bundesregierung gerichteten Forderungskatalog des Kfz-Gewerbes stünden auch die Erwartung nach einer sektoralen Regelung für die Fahrzeugdaten. Die vom Fahrzeug generierten Daten gehörten den Kunden und letztlich auch den Werkstätten. Ebenso müsse die Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) überarbeitet werden. Maßnahmen wie eine Strompreissenkung, staatliche Kaufanreize für E-Fahrzeuge und ebenso verbesserte Sonderabschreibungen für gewerbliche Fahrzeuge seien unverzichtbare Impulse für die E-Mobilität.
Koßmann sagte, die Hürden der Elektromobilität seien die Preise für neue und gebrauchte Pkw. Nachdem Reichweite und Ladeinfrastruktur deutliche Fortschritte erreicht hätten, stehe nun die Forderung nach bezahlbarer E-Mobilität im Fokus. Koßmann wörtlich: „Der Preisunterschied von bis 13.000 Euro zu vergleichbaren Verbrennern ist für viele Menschen schlicht zu hoch“. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Durchschnittspreise, die für neue E-Pkw bei 56.670 Euro und für gebrauchte E-Pkw bei 30.400 Euro lägen.
Koßmann forderte unter anderem eine Reform der Förderstruktur und bezahlbaren Ladestrom. Die abrupten Förderstopps der Vergangenheit hätten das Vertrauen erschüttert. Man brauche ein verlässliches, langfristiges Fördersystem für alle klimafreundlichen Antriebsarten. Planbare Kaufanreize, die sich am Einkommen der Menschen orientierten, seien „die Forderung der Stunde“. Die Forderung sei ein Dreiklang aus Technologie, Bezahlbarkeit und Infrastruktur.
Die Zunahme der öffentlich zugänglichen Ladepunkte auf 1.266 (Vorjahr: 895) an der Weser sei ein wichtiger Schritt, dem aber vor allem das von der „Industrie bereits angekündigte Angebot von E-Modellen um 20.000 Euro“ folgen müsse.
Sondereffekte
treiben E-Zahlen
Trotz der vor allem durch Sondereffekte bei den E-Neuzulassungen ausgelöste Elektro-Boom sehe man die Transformation „noch nicht mit Schwung und Elan“. Die aktuellen Elektro-Zulassungen seien das Ergebnis starker Eigenzulassungen der Hersteller, die damit die von der EU verhängten Strafzahlungen bei überschrittenen CO2-Flottengrenzwerten verhindern wollten. Auf Initiative der Industrie seien nun regulatorische Anpassungen vorgenommen worden. Für die strengen CO2-Vorgaben der EU hätten Hersteller jetzt drei Jahre Zeit.
Die Freude am aktuellen Elektroaufschwung mit plus 42,9 Prozent für Stromer und plus 45,1 Prozent für Plug-in-Hybride sei nicht ungetrübt. Erstens trieben die Eigenzulassungen der Hersteller die Zahlen nach oben, zweitens sei die private E-Nachfrage schwach. Allein dies zeige, dass „unsere Forderungen und Wünsche für ein besseres Kaufklima keinen zeitlichen Verzug dulden“. Die Vermutung liege nahe, dass die in den Sondierungspapieren angekündigten Kaufanreize aktuell ein Hemmschuh für das Kaufinteresse seien.